Neues aus Ungarn!
Obwohl es so viel Neues heute gar nicht gibt. Der Weg ins Gelände ist zum Beispiel erwartungsgemäß noch nicht befahrbar. Durch den Regen war er zur Schlammrutsche geworden. Gestern Abend bei der Mannschaftsführerbesprechung war angesagt, dass er ab 8 Uhr heute befahrbar sein sollte, jeder Versuch davor bleibe aber eigenes Risiko. Und genau das wollten Andreas, Bernd und Michael eingehen, wir Frauen mit, und auch Micha Sondhauß war schon um halb 7 mit uns am Eingang zum Gelände. Wir waren nicht die ersten, schon einige Amerikaner warteten mit ihren Autos am Eingang zum Gelände, Ungarn, Russen, Briten . . . und die Franzosen sollten angeblich schon feststecken. Die Lage wurde eingehend diskutiert, und doch war klar, dass über diesen Weg nicht hundert Autos rein konnten, nicht mal einer schaffte es, ein roter Kombi, den wir mit dem Fernglas weit ins Feld verfolgten, wie er rutschte und flutschte und teilweise die ganz heftigen Stellen durch Umwege in den gepflügten Acker umging, wo wir jede Sekunde damit rechneten, dass er sich in der weichen schwarzen Erde festfuhr.
Doch was einem gelang, würde mit jedem weiteren Fahrzeug schwieriger werden, für so eine Menge Autos unmöglich sein. Michael fand aber schließlich über Google Maps einen weiteren möglichen Eingang ins Gelände, durch das Dorf Fabiansebestyen und dann zwei Mal links, und unser Training war gerettet. Wir konnten dort allerdings nicht ganz das eigentliche Fluggelände erreichen, denn auch diese Dirt Road, wie die Amis sagen, war schlammig, doch wir fuhren so weit rein ins Gelände, wie es ging, parkten und packten aus, und die Amerikaner und die Briten machten es uns gleich nach.
Ja, und dort stehen wir jetzt und trainieren. Soweit läuft auch alles gut, selbst als Micha einen Start ohne Zeitschalter versucht. Auch Stefan Reinwald hat schon einen Start gemacht, und der ging gar nicht schlecht. Nur die A-Leute sind ein gutes Stück entfernt, da hier in unserer Ecke Schilf ist, nett anzusehen, aber auch immer ein Zeichen für Wasser. Knöcheltief ist es nämlich teilweise, darin dicke Graskissen, das Laufen wird zum Stolpern oder zum Hangeln von einem Grasbüschel zum nächsten.
Alan Jack aus Großbritannien kommt gerade zu mir und sagt mir, wie gern er diesen Blog liest. Danke, Alan. Und doch meinte Roger Morell gestern, dass Google hier und da Probleme mit der Übersetzung des Blogs habe. Das Ergebnis sei oft lustig, aber völlig unverständlich. So arbeite ich jetzt vielleicht an etwas einfacheren Sätzen.
Musste der Veranstalter nicht mit Regen rechnen? Es ist nicht die erste Freifluggeschichte von glatten Zufahrtswegen in die Puszta, das ganze keine Überraschung. Wie ist da sein Plan B, wenn wir morgen nicht über den offiziellen Weg ins Gelände können? Mit etwas Planung war mit so einer Situation durchaus zu rechnen, aber der ganze Tag gestern blieb ungenutzt, die Einfahrt ins Gelände zu sichern. Man hätte Kies schütten können, Holzspäne, vielleicht sogar Stroh, wenn’s nur genug ist, um das Rutschen irgendwie aufzufangen. Aber bisher ist noch keine Aktivität sichtbar.
Mike Woodhouse sagt gerade, man denke, genau diese Schotterstraße, auf der wir jetzt ins Gelände gefahren sind, als offizielle zu nehmen. Aber dann müssten sie die Essensstände, Toiletten und Organisatonsstände umbauen, denn die lassen sich von hier aus nicht erreichen, denn auch diese Straße ist verschlammt. Wir werden sehen. Sie haben ja immer noch einen ganzen halben Tag Zeit.
Ansonsten laut Dirk keine großen Neuigkeiten bei der Mannschaftsführerbesprechung bis auf vielleicht die etwas merkwürdige Forderung, dass sich Teilnehmer, die das offizielle Wettbewerbsgelände verlassen, auch offiziell abmelden müssen. Na, wenn das mal gut geht.
Die Anmeldung und Modellregistrierung gestern Nachmittag verlief erfreulich pünktlich und effizient. Neu ist hier allerdings, dass wir jetzt ein Registrierungsarmband tragen müssen, Tag und Nacht, Teilnehmer bau, Helfer gelb und Dirk und ich als Team Manager rot. Daran will der Veranstalter erkennen, ob alle Personen auf dem Flugfeld registriert sind, doch die Meinung über diese Methode gehen sehr auseinander: Micha hält es für unhygienisch und fühlt sich so gestört durch dieses Armband, dass er angeblich sogar schlecht geschlafen hat. Das letzte Mal, dass er sowas getragen habe, sei bei seiner Geburt gewesen, sagt er, und bläht die Nasenflügel.
Das Armband erinnert durchaus an eine Handfessel, denn es ist ein loses Seidenband, das mit einem Verschluss auf Größe gezogen wird und nicht wieder geöffnet werden kann, nur zerschnitten. Ich finde es überhaupt nicht schlimm, ganz im Gegenteil. Es erinnert an Konzertbesuche in vergangenen Sommern und passt farblich durchaus zu unseren Teamshirts. Außerdem fand ich die Hundemarken früherer Wettbewerbe um den Hals immer lästig und heiß, schwitzig zu tragen. Da ist so ein Band um das Handgelenk viel besser.
Bei der Modellregistrierung fielen mir Andreas‘ Leitwerke auf. Glitzeraufkleber in schwarz-rot-gold hat er da drauf geklebt mit einem leuchtenden D drin für Deutschland. Falls die Modelle über die Grenze fliegen, haben sie dann gleich die richtige Länderkennung, bemerke ich, worauf Dirk noch einen nachlegt: solange nur D und nicht DDR drauf steht. Aber den Schönheitspreis wird Andreas damit sicherlich gewinnen!
Gerade ist hier beim Training eins dieser schönen Modelle von Andreas weggeflogen, die Funkbremse kam wohl nicht. Micha und Angelika sahen es aber durch ein Glas noch landen – genau an der alten Startstelle hatte es Höhe verloren und flog dort gegen eine Windfahne. Gitte und Angelika stecken Wasser und eine Funke in einen Beutel, auch etwas Geld, so dass sie uns vom Essenswagen etwas Gutes mitbringen könnten, und machen sich auf den Weg. Ich denke eine halbe Stunde werden sie für eine Strecke sicherlich brauchen, das Wetter warm, durchaus heiß, aber nicht so sehr wie am WeltCup Tag. Wind eher wenig.
Nach der Anmeldung und Modellabnahme gestern machten wir eine kurze Mannschaftsbesprechung und legten Startreihenfolge und Rückholer fest, unsere Besprechung nur unterbrochen von der entsetzlichen Hupe, die an der Leinenprobe hing, und immer wieder Gummifragen oder –diskussionen, denn Bernd hatte immer noch nicht aus Micha heraus bekommen, mit welchem Gummi der im Stechen geflogen war.
Gummi sowieso oder wie immer ein heißer Diskussionspunkt dieser Tage. Bob Piserchio aus der USA zum Beispiel erzählte vom Juni 2017, dem besten Gummi, den er jemals gemessen hat, und Bernd wurde gleich ganz unruhig, als Micha das übersetzte. Allerdings bestand dieser Gummi wohl die Feldprüfung nicht, erzählte Bob. Jeder einzelne Strang zerfetze schon bei etwas über 200 Umdrehungen, und die ganze Charge kann man wohl nur in die Tonne kloppen.
Micha schwört eher auf den Juni 2016, der angeblich auch der Siegergummi des Weltcups am Samstag gewesen sein soll, doch Bernd gibt mit dem Juni 2017 noch nicht auf, will es genau wissen. Er sei ja nie ein Mann der Messungen und Statistiken gewesen, sagte er, hat eher immer alles praktisch ausprobiert, und die Vorstellung, dass ein Megagummi bei jedem Strang reißt, hält ihn noch ganz gefesselt. Was Micha selbst beim Stechen geflogen ist, hat der allerdings noch immer nicht verraten, obwohl Bernd schon ein paarmal gefragt hat. Aber 113m war er hoch, sagte Michas Elektronik nach dem Flug, und da ist er recht zufrieden mit.
Das zweite Modell von Andreas hat dann hier beim Training auch nicht gebremst und ist weggeflogen. Micha meint aber, es im Glas runterkommen gesehen zu haben und geht mit Andi hinterher. So ist nur Bernd im Moment noch hier, der mit bloßem Oberkörper in der recht angenehmen Mittagssonne an seinen Modellen rumschraubt, ach, und Stefan Reinwald, dem ich versprochen habe, beim Probestart seinen Flieger wiederzuholen. Nach diesem Probestart ruft mich Andreas über WhatsApp als Videogespräch an und ich sehe ihn mit meinem Mann drüben am Bierzelt, obwohl sie eigentlich nur sagen wollten, sie hätten beide Flieger wieder.
Es ist jetzt schon Mittag durch und angesichts der Tatsache, dass wir kein Frühstück hatten und mein Mann gerade am Bierzelt halt gemacht hat (mit zugegebenermaßen einem alkoholfreien Bier, aber das dafür sehr gut, Gösser, ungarisch!) hoffe ich ein bisschen darauf, dass wir jetzt reinfahren, sobald die Männer wieder hier sind, sie wollen mir ein kaltes Gösser mitbringen, und dann vielleicht lieber heute Abend noch mal raus fahren. So wollen es auch die A-Leute machen, sagten sie gerade, als sie beim Rückholen hier bei uns vorbei kamen.
Habe ich schon erwähnt, dass hier mindestens 50.000 Fliegen pro Person auf dem Acker sind?
Kurzer Nachtrag: wir SIND dann mittags reingefahren und die zermatschte Einfahrt zum Gelände scheint schon wieder halbwegs angetrocknet und befahrbar. Und auch an unserem neu gefunden Weg sind jetzt kleine Beschilderungen mit Pfeilen. Angeblich führt er ganz bis zu den alten Essensbuden und den Startstellen hin. Es bleibt also zu hoffen für morgen.