Einen erfrischend guten Morgen aus Ungarn, für die einen mehr erfrischend als die anderen, je nachdem, wie das Unwetter sie traf. Doch die gute Nachricht: die Temperaturen sind um satte 20 Grad gefallen!

Aber wer facebook verfolgt hat, weiß es schon: es war wirklich ein Unwetter! Erste Nachrichten erreichten uns B-Flieger im ruhigen Hódmezővásárhely allerdings erst davon, als wir den Rest des Teams gestern Abend zur Eröffnungsfeier trafen. Die Australier trafen wir allerdings noch eher, bekanntlich im gleichen Hotel wie Franky, Thomas, Micha Sondhauß und Co, und sie kündigten schon an, dass sie unsere Leute filmend unter einem Vordach gesehen hätten, filmend genau wie sie selbst, die Australier, denn solch ein Unwetter hatte man selten gesehen: Hagelkörner so groß wie Kirschen, wenn nicht Pflaumen, selbst Pfirsiche munkelte man, windgepeitscht, auf den Autos eine dicke schichte abgerissener Blätter, die vielleicht vor den Einschlägen schützten, nur den Wagen der Israelis soll ein ganzer Baum getroffen haben.

So ganz konnten wir B Flieger uns das noch nicht ausmalen, war es doch in unserem Dorf den ganzen Nachmittag sehr ruhig und heiß geblieben, so ruhig und heiß, dass wir alle nach Gummimachen und Fliegerreparaturen, nach Schwimmbadbesuchen und Mittagessen noch gute zwei Stunden ruhten vor der Eröffnungsfeier.

Schon wieder dieses Wort, es schleicht sich immer wieder ein, Eröffnungsfeier, wie ein Schluckauf, bei dem der Hick kommt, und man hält inne und sagt, Moment, da war doch was!

Denn viel mehr war die diesjährige Eröffnungsfeier nicht.

Gut, wir waren nach Frankreich und der Mongolei auch recht verwöhnt, was Entertainment rund um den Freiflug angeht, hatten dort Sänger, Tänzer, Glitterwerk geboten bekommen, Ballons und Cheerleader, eine wunderbare Mischung aus Lokalkolorit und Glamour, und es war klar, dass diese letzten beiden Eröffnungsfeiern die Messlatte himmelhoch gehoben hatten. Aber der Schluckauf von gestern hatte sich erst gar keine Mühe gegeben, diese Messlatte zu erreichen. Zwar war schon angekündigt, dass aufgrund der Wetterbedingungen die Zeremonie kurz gehalten würde, damit wir alle nicht unnötig in der Sonne braten. Aber als schließlich alle Teilnehmer hinter ihren Länderschildchen standen und jede Nation namentlich begrüßt war, als die Hymne der FAI gespielt war (die FAI Fahne hatte jemand schon vorher gehisst. Da konnte also nichts mehr schiefgehen), als Ian Kaynes eine erfrischend kurze Rede gehalten hatte und ein ungarisches Lied gespielt war, bei dem keiner recht wusste, ist das Nationalhymne oder Trauermarsch, so andächtig war es, als dann die Sportleiterin in gutem Englisch uns nur noch einen schönen Abend gewünscht hatte und dies alles in weniger Zeit als es braucht, dies aufzuschreiben, da wollte so keiner recht weg von seinem Platz hinter dem Schildchen. Wir alle warteten. Alle Teams. Da musste doch noch irgendwas kommen. Irgendwas. Das konnte es eigentlich noch nicht gewesen sein.

War es aber, und schließlich löste sich die wartende Menge zögernd auf. Nach kurzem Fototermin holte Mannschaftsführer Dirk einen Armvoll Bier für alle, schließlich waren wir endlich mal alle zusammen, alle bis auf Stefan Reinwald, der am Fuß lädiert sich schnell zurückgezogen hatte. Wir diskutierten kurz die Kürze dieser Feierlichkeit und länger dann den Sturm und eventuelle Lackschäden an Wächtlers Auto. Doch als die netten Ungarn Barac Palinka heraus holten und großzügig aber eben auf nüchternen Magen unter das Volk brachten, brachen wir Deutschen ab und fuhren zurück in unser Dorf – nicht ohne uns vorher für eine WhatsApp Konferenz heute Morgen mit den anderen deutschen zu verabreden. Franky und Steffen sollten durchgeben, wie das Wetter bei ihnen ist, sie wohnen näher am Fluggelände, und wir wollten es dann hier mit Geys und Silz‘ besprechen, ob und wann wir raus gehen. Doch heute Morgen um halb 7 regnete es immer noch, selbst in unserem Dorf (noch immer kann es keiner aussprechen, oder besser: wir sprechen es alle anders aus, alle mit einem energischen H am Anfang und dann lang, Hauptsache lang)!

Tatsächlich überraschte uns das Unwetter nämlich auch in Hódmezővásárhel, und zwar gestern Abend, gerade als wir uns zum Essen hingesetzt hatten in einem Freiluftrestaurant vor herrlicher gelb-weißer KuK-Kulisse, schaut mal gleich das Bild.

Im gleichen Restaurant schon die Amis und die Schweizer, die wir herzlich begrüßten. Mit ihnen zusammen zogen wir uns auch in sprichwörtlicher Windeseile in einen Nebenraum des Restaurants zurück, als es plötzlich wachteleier-große Regentropfen zu klatschen begann, und wir hatten eine herrliche gemischte Runde mit ihnen, saßen bis nach 11 mit den Schweizern zusammen, weil der Regen nicht aufhören wollte, und wir schließlich alle IN besagtem Regen zum Hotel liefen, Micha dabei strenge Abweisungen rufend, nicht in den Taubendreck zu treten, der angeblich nahe der Hauswände von den Fluten angespült wurde, und dort lief ich, weil es weniger Regen hatte. Er aber ließ sich statt dessen lieber mitten auf dem Gehweg komplett nass regnen und sein Baumwollhemd, das laut Peter Maurer genau wie Schweizer Gardinen rot und weiß kariert war und zum Running Gag wurde, ist heute Morgen immer noch klatsch nass.

Heute Morgen dann auch eine Flut von Bildern auf facebook von den ganzen Ausmaßen des Sturms gestern, und unsere Entscheidung, heute nicht ins Gelände zu fahren, erweist sich im Nachhinein als goldrichtig: die Autos mussten in der Geländeeinfahrt mit Treckern wieder aus dem Schlamm gezogen werden, der bei dem feinen Puszta- Sand mit so viel Regenwasser auch zu erwarten war.

Heute Nachmittag um 3 Uhr ist Bauprüfung, und danach wollen die Männer es vielleicht noch einmal mit Training probieren. Wind hat es noch immer, aber wie gesagt, 20 Grad weniger als gestern, was tut das gut!

Volker und ich sind übrigens beide deutlich auf dem Weg der Besserung. Jedesmal, wenn wir uns sehen, checken wir kurz ab, wie der jeweilige Zustand des anderen ist inklusive Medikamentenverbrauch und -nachschub und wo sich gerade der Hustenreiz befindet, ob noch im Hals oder schon in der Brust. Volker ist mir dabei allerdings immer einen kleinen Schritt voraus, weil er zusätzlich zur Erkältung auch noch einen tiefen Schnitt von der Leine am Finger hat, und mit so einer Verletzung kann ich nicht mithalten. Allerdings bringe ich dann ins Spiel, dass Micha einen dicken Moskito Stich noch aus Malta am Arm hat, dessen roter Vorhof gerade immer größer wird, heute morgen waren wir schon in der Apotheke. Da holte ich auch neue Tempos. Von denen komme ich immer noch nicht ganz los.

Und der Krankenwagen am Wettbewerbstag war übrigens für einen betagten Schweden, den Michael wortwörtlich aus dem Dreck aufgehoben hatte. Der Arme war gestolpert und in der Sonne völlig ausgelaugt nicht wieder auf die Beine gekommen, war dehydriert und in keiner guten Verfassung, als Mick ihn fand. Aber er konnte noch im Laufe des Wettbewerbs wieder aufgepäppelt werden und ist heute guter Dinge.

Anbei übrigens auch ein Bild der Siegerehrung, bei der wir unseren TM auf dem Treppchen beklatschen durften, Dirk war Zweiter geworden.

So. Silz kommen gerade an unseren Tisch. Vielleicht gehen wir jetzt zum Mittagessen.